🎯 Prüfungsrelevanz & Bedeutung

Strategische Gewichtung in der Prüfung:
  • Schriftliche Prüfung: 24 von 100 Punkten (24% Gesamtanteil)
  • Mündliche Prüfung: Sehr häufiges Schwerpunktthema
  • Durchfallrisiko: 65% bei oberflächlicher Vorbereitung
  • Erfolgsquote: 95% mit systematischem Lernen
Das Bürgerliche Recht ist das Herzstück der § 34a Prüfung und regelt Rechtsverhältnisse zwischen Bürgern. Es umfasst Verträge, Schadensersatzansprüche und die wichtigen Rechtfertigungsgründe, die Sicherheitskräfte täglich benötigen.
⚖️ Grundprinzip: Privatautonomie
Bürgerliches Recht regelt Beziehungen zwischen gleichberechtigten Bürgern. Im Gegensatz zum öffentlichen Recht (Staat vs. Bürger) stehen sich hier Private gegenüber. Jeder kann frei entscheiden, mit wem er Verträge schließt – daher „Privatautonomie“.
Typische BGB-Situationen für Sicherheitskräfte
Verträge: Arbeitsvertrag mit Sicherheitsunternehmen
Schadensersatz: Täter verletzt Sicherheitskraft → Schmerzensgeld
Besitzschutz: Hausverbot durchsetzen als Besitzdiener
Notwehr: Sich gegen Angriffe verteidigen
Fundsachen: Verlorene Gegenstände ordnungsgemäß behandeln
🎓 Prüfungsgeheimnis: Die Rechtfertigungsgründe im BGB sind nahezu identisch mit denen im StGB – nur die Rechtsfolgen unterscheiden sich! BGB = kein Schadensersatz, StGB = keine Strafe.

📖 Grundbegriffe: Eigentümer, Besitzer, Besitzdiener

Die Unterscheidung zwischen Eigentümer, Besitzer und Besitzdiener ist fundamental für das Verständnis des Bürgerlichen Rechts und für die Praxis im Sicherheitsdienst.
🏠
Eigentümer
Rechtliche Gewalt über die Sache

• Ihm gehört die Sache rechtmäßig
• Hat sie legal erworben (Kauf, Erbe, etc.)
• Kann frei über die Sache verfügen
• Darf andere ausschließen (§ 903 BGB)

Beispiel: Hausbesitzer, Autoeigentümer
🔑
Besitzer
Tatsächliche Gewalt über die Sache

• Hat gerade Zugriff auf die Sache
• Egal ob berechtigt oder nicht
• Unmittelbarer körperlicher Zugriff
• Bestimmt, wer das Hausrecht ausübt (§ 854 BGB)

Beispiele: Mieter, Dieb, Finder
👮
Besitzdiener
Handelt für den Besitzer

• Weisungsgebunden und sozial abhängig
• Übt Rechte für den Besitzer aus
• Bekommt Lohn für seine Tätigkeit
• Typisch: Sicherheitskräfte (§ 855 BGB)

Beispiele: Security, Hausmeister, Verkäufer

Das Hausrecht

Das Hausrecht ist die Befugnis zu entscheiden, wer einen Hausrechtsbereich betreten darf und wer ihn verlassen muss. Es steht grundsätzlich dem Besitzer zu, nicht dem Eigentümer!
🏛️ Hausrechtsinhaber
Grundsätzlich: Der Besitzer
Beispiele:
• Mieter in seiner Wohnung
• Pächter in seinem Restaurant
• Geschäftsführer im Unternehmen

Befugnisse:
• Zutritt gewähren/verweigern
• Hausverbote aussprechen
• Sich überall aufhalten
🛡️ Besitzdiener-Rechte
Übertragene Rechte: Nur soweit übertragen
Grenzen:
• Keine Entscheidung gegen Besitzerwillen
• Nur im Rahmen der Dienstanweisung
• Bei Unklarheit: Rückfrage beim Besitzer

Typisch:
• Sicherheitsdienst mit Hausrecht
• Türsteher in Diskotheken
• Verkaufspersonal in Geschäften
Häufiger Fehler: Sicherheitskräfte dürfen NICHT gegen den Willen des Besitzers handeln! Wenn der Besitzer jemanden auf dem Gelände haben will, darf Security diese Person nicht verweisen – auch nicht bei Hausverbot.

Rechtsfähigkeit

Eigentümer, Besitzer oder Besitzdiener kann nur sein, wer rechtsfähig ist.
👶 Geburt
Rechtsfähigkeit beginnt automatisch mit der Vollendung der Geburt (§ 1 BGB). Muss nicht vom Staat zuerkannt werden.
💀 Tod
Rechtsfähigkeit endet mit dem Tod. Ein Toter kann kein Eigentümer, Besitzer oder Besitzdiener sein.

🛡️ Verbotene Eigenmacht & Selbsthilfe

Verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB)

Verbotene Eigenmacht ist eine vom Gesetz nicht gestattete Handlung, die dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder ihn im Besitz stört.
📤 Besitzentzug
Definition: Dem Besitzer wird die Sache weggenommen

Beispiele:
• Diebstahl nach § 242 StGB
• Raub nach § 249 StGB
• Unterschlagung nach § 246 StGB

Folge: Besitzer hat keine tatsächliche Gewalt mehr
🚫 Besitzstörung
Definition: Besitzer wird im Besitz gestört

Beispiele:
• Hausfriedensbruch nach § 123 StGB
• Sachbeschädigung nach § 303 StGB
• Unerlaubtes Betreten trotz Hausverbot

Folge: Besitz bleibt, wird aber beeinträchtigt
Verwechslungsgefahr: „Verbotene Eigenmacht“ (§ 858 BGB) ist NICHT dasselbe wie „Unerlaubte Handlung“ (§ 823 BGB)! Das sind verschiedene Rechtsinstitute mit unterschiedlichen Voraussetzungen.

Selbsthilfe des Besitzers (§ 859 BGB)

Der Besitzer darf sich gegen Verbotene Eigenmacht mit Gewalt wehren – aber nur verhältnismäßig!
§ 859
Besitzwehr
Wann: Während des Angriffs auf den Besitz
Wie: Mit verhältnismäßiger Gewalt
Beispiel: Fahrraddieb wird körperlich gehindert
§ 859
Besitzkehr
Wann: Unmittelbar nach dem Besitzentzug
Wie: Sache sofort zurückholen
Beispiel: Gestohlenes Handy sofort wieder wegnehmen
Praxis-Beispiel: Verhältnismäßigkeit
Richtig: Fahrradbesitzer hindert Dieb mit körperlicher Gewalt am Diebstahl
Falsch: Fahrradbesitzer schießt auf den Dieb

Grund: Wert des Fahrrads steht in keinem Verhältnis zu einer lebensgefährlichen Verletzung. „Mit Kanonen auf Spatzen schießen“ ist verboten!

Selbsthilfe des Besitzdieners (§ 860 BGB)

Der Besitzdiener hat dieselben Rechte wie der Besitzer – aber nur soweit ihm die Besitzrechte übertragen wurden.
Voraussetzungen für Besitzdiener-Selbsthilfe:
  • Weisungsgebundenheit: Arbeitet nach Anweisung des Besitzers
  • Soziale Abhängigkeit: Bekommt Lohn/Entgelt für seine Tätigkeit
  • Rechtübertragung: Besitzer muss ihm seine Rechte übertragen haben
  • Verhältnismäßigkeit: Auch der Besitzdiener muss verhältnismäßig handeln
Typischer Sicherheitsdienst-Fall
Ein Sicherheitsmitarbeiter bringt eine Person, die Hausverbot erhalten hat, gegen deren Willen vom bewachten Gelände. Das ist erlaubt, wenn:

Rechtmäßig:
  • Security hat Hausrecht übertragen bekommen
  • Hausverbot wurde rechtmäßig erteilt
  • Gewalt ist verhältnismäßig (nur so viel wie nötig)
  • Person weigert sich, freiwillig zu gehen
Problematisch:
  • Übermäßige Gewaltanwendung
  • Hausverbot war unrechtmäßig
  • Besitzer will Person doch auf Gelände haben

Abgrenzung zu anderen Selbsthilferechten

Neben der Selbsthilfe des Besitzers (§ 859 BGB) und des Besitzdieners (§ 860 BGB) gibt es noch die allgemeine Selbsthilfe nach § 229 BGB.
🏠 §§ 859/860 BGB
Zweck: Schutz des Besitzes
Gegen: Verbotene Eigenmacht
Zeitpunkt: Sofort während/nach Angriff
Täter: Egal ob bekannt oder unbekannt
Beispiel: Ladendieb wird festgehalten
⚖️ § 229 BGB
Zweck: Durchsetzung von Ansprüchen
Gegen: Flüchtige Schuldner
Zeitpunkt: Muss nicht sofort erfolgen
Täter: Meist unbekannt/flüchtig
Beispiel: Unfallverursacher soll nicht entkommen

💰 Schadensersatzpflicht & Unerlaubte Handlung

§ 823 Abs. 1 BGB: Verschuldenshaftung

Wer einem anderen vorsätzlich oder fahrlässig einen Schaden zufügt, muss diesen ersetzen. Das ist das Grundprinzip der Verschuldenshaftung.
🎯 Vorsatz
Täter will den Schaden bewusst herbeiführen oder nimmt ihn billigend in Kauf
😴 Fahrlässigkeit
Täter verletzt die im Verkehr erforderliche Sorgfalt (hätte aufpassen müssen)
💔 Geschützte Rechtsgüter
Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit, Eigentum oder sonstiges Rechtsgut
💶 Schadensersatz
Täter muss den entstandenen Schaden vollständig ersetzen
Klassisches Beispiel
Sachverhalt: Lars Langfinger bricht vorsätzlich eine Lagerhalle auf und verursacht 500€ Schaden an der Tür.

Rechtliche Bewertung:
Vorsatz: ✅ Lars wollte die Tür aufbrechen
Rechtsgut: ✅ Eigentum (die Tür)
Schaden: ✅ 500€ Reparaturkosten
Folge: Lars muss 500€ Schadensersatz zahlen

§ 823 Abs. 2 BGB: Schutzgesetzverletzung

Auch wer gegen ein Schutzgesetz verstößt, muss Schadensersatz leisten – selbst wenn er den konkreten Schaden nicht wollte.
Was sind Schutzgesetze?
  • Strafgesetzbuch: § 242 StGB (Diebstahl), § 223 StGB (Körperverletzung), etc.
  • Straßenverkehrsordnung: Geschwindigkeitsbegrenzungen, Vorfahrtsregeln
  • Arbeitssicherheit: Unfallverhütungsvorschriften
  • Gewerberecht: § 34a GewO (Bewachungsgewerbe ohne Erlaubnis)
Schutzgesetzverletzung in der Praxis
Sachverhalt: Elsa Elster stiehlt ein iPhone im Wert von 800€.

Rechtliche Bewertung:
Verstoß gegen § 242 StGB: ✅ Diebstahl ist Schutzgesetz
Zweck: § 242 StGB soll vor Diebstahl schützen
Schaden: ✅ 800€ (Wert des iPhones)
Folge: Elsa muss 800€ Schadensersatz zahlen

Ausschluss der Haftung durch Rechtfertigungsgründe

Die Haftung kann entfallen, wenn der „Täter“ für die Schädigung einen Rechtfertigungsgrund hatte. Das „Opfer“ erhält dann keinen Schadensersatz.
Praxis-Beispiel: Notwehr-Situation
Sachverhalt: Türsteher T wird grundlos von Gast G mit Messer angegriffen. T verteidigt sich mit gezieltem Handschlag, G wird dabei verletzt.

Problem: T hat G vorsätzlich verletzt → theoretisch unerlaubte Handlung
Lösung: T handelte in Notwehr (§ 227 BGB) → nicht widerrechtlich
Folge: T muss keinen Schadensersatz leisten

Haftung Minderjähriger

Das BGB hat besondere Regeln für die Haftung von Kindern und Jugendlichen:
0-7
Keine Haftung
Für angerichtete Schäden haften Kinder unter 7 Jahren grundsätzlich nicht
7-10
Verkehr
Keine Haftung für fahrlässige Verkehrsunfälle (Straße/Schiene)
7-18
Einsichtsfähigkeit
Haftung nur bei „Einsichtsfähigkeit“ – verstehen sie die Tragweite?
18+
Vollhaftung
Erwachsene haften für alle vorsätzlichen und fahrlässigen Schäden
Häufiger Irrtum: Eltern haften NICHT automatisch für ihre Kinder! Sie haften nur für die Verletzung ihrer eigenen Aufsichtspflicht. Das steht so NICHT auf Baustellenschildern!

Tierhalterhaftung (§ 833 BGB)

Besonderheit: Der Tierhalter haftet grundsätzlich OHNE Verschulden (Gefährdungshaftung).
🐕 Regel: Gefährdungshaftung
Grundsatz: Verursacht ein Tier einen Schaden, haftet der Halter automatisch

Unerheblich:
• Ob der Halter Schuld hat
• Ob das Tier sonst friedlich ist
• Ob Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden

Beispiel: Hund beißt Kind → Halter haftet immer
👮 Ausnahme: Berufstiere
Privilegierung: Beruflich genutzte Tiere (z.B. Wachhunde)

Haftung nur bei:
• Vorsatz oder Fahrlässigkeit des Halters
• Verletzung der Sorgfaltspflicht
• Trotz Sorgfalt eingetretener Schaden

Begründung: Gesellschaftlich erwünschte Nutzung soll nicht übermäßig belastet werden
Wachhund-Fall aus der Praxis
Sachverhalt: Hundeführer Wilhelm Bell führt Wachhund Hasso ordnungsgemäß an kurzer Leine. Trotz mehrmaliger Warnung nähert sich Herr Neugierig, um Hasso zu streicheln. Hasso beißt zu.

Rechtliche Bewertung:
Berufstier: ✅ Hasso ist Wachhund
Sorgfaltspflicht: ✅ Kurze Leine, Warnung ausgesprochen
Folge: Wilhelm haftet NICHT, muss keinen Schadensersatz leisten

🚫 Schikaneverbot (§ 226 BGB)

Die Ausübung eines Rechtes ist unzulässig, wenn sie nur dem Zweck dient, einem anderen Schaden zuzufügen.
⚖️ Rechtsmissbrauch ist verboten
Auch wenn jemand ein Recht hat, darf er es nicht ausschließlich dazu nutzen, anderen zu schaden. Das Recht muss einen eigenen, sachlichen Zweck verfolgen – nicht nur die Schädigung anderer.
Schikane im Sicherheitsdienst
Sachverhalt: Steven Schikane führt täglich Taschenkontrollen bei Mitarbeiter Armin Sau extra ausführlich durch, damit dieser den Bus verpasst. Alle anderen kontrolliert er gar nicht oder nur kurz.

Problem: Obwohl Schikane das Recht zur Kontrolle hat, nutzt er es nur zur Schädigung
Lösung: Gleichbehandlung – entweder alle gründlich oder Armin normal kontrollieren
Rechtsfolge: Schikanöse Rechtsausübung ist unzulässig
Abgrenzung: Wann liegt Schikane vor?
  • Ausschließlicher Zweck: Nur Schädigung des anderen (keine eigenen Interessen)
  • Objektiv erkennbar: Aus Sicht eines Dritten offensichtlich schikanös
  • Vorsätzlich: Schädiger weiß, dass er nur schaden will
  • Kein sachlicher Grund: Keine vernünftige Begründung für das Verhalten

⚖️ Rechtfertigungsgründe im BGB

Rechtfertigungsgründe machen normalerweise widerrechtliche Handlungen rechtmäßig. Das BGB enthält sechs wichtige „Jedermannsrechte“, die jeder Bürger in Notfällen nutzen darf.
§ 227
Notwehr
Gegen: Menschliche Angriffe
Wann: Gegenwärtiger, rechtswidriger Angriff
Für: Sich selbst oder andere (Nothilfe)
§ 228
Verteidigender Notstand
Gegen: Tiere oder Sachen
Wann: Gegenwärtige Gefahr
Wie: Direkt gegen Gefahrenquelle
§ 904
Angreifender Notstand
Gegen: Unbeteiligte Dritte
Wann: Gegenwärtige Gefahr
Folge: Schadensersatz an Dritten
§ 229
Selbsthilfe
Zweck: Ansprüche sichern
Wann: Obrigkeitshilfe zu spät
Gegen: Flüchtige Schuldner
§ 859
Besitzwehr/-kehr
Wer: Besitzer
Gegen: Verbotene Eigenmacht
Wann: Sofort während/nach Angriff
§ 860
Besitzdiener-Hilfe
Wer: Besitzdiener (Security)
Wie: Für den Besitzer
Grenze: Nur übertragene Rechte

Notwehr (§ 227 BGB / § 32 StGB)

Die Notwehr ist identisch in BGB und StGB geregelt – nur die Rechtsfolgen unterscheiden sich.
📜 § 227 BGB
Rechtsfolge: Kein Schadensersatz
Schutz vor: Zivilrechtlichen Ansprüchen
Beispiel: Angreifer verlangt Schmerzensgeld
Antwort: „War Notwehr, zahle nichts!“

Wann relevant: Bei Geldstreitigkeiten zwischen Bürgern
⚖️ § 32 StGB
Rechtsfolge: Keine Bestrafung
Schutz vor: Strafverfolgung durch Staat
Beispiel: Staatsanwalt ermittelt wegen Körperverletzung
Antwort: „War Notwehr, nicht strafbar!“

Wann relevant: Bei Strafverfahren
💡 Merkhilfe: BGB = Bürgerliches Geld (Schadensersatz), StGB = Staatliche Bestrafung. Notwehr schützt vor beidem!

Verteidigender Notstand (§ 228 BGB)

Der verteidigende Notstand ist die „Notwehr gegen Tiere und Sachen“. Er erlaubt es, sich gegen Gefahren zu verteidigen, die nicht von Menschen ausgehen.
Voraussetzungen des verteidigenden Notstands:
  • Gegenwärtige Gefahr: Unmittelbar drohender Schaden
  • Nicht anders abwendbar: Kein milderes Mittel verfügbar
  • Von Tier oder Sache: Nicht von Menschen
  • Verhältnismäßigkeit: Schaden nicht außer Verhältnis
Beispiele für verteidigenden Notstand
✅ Richtig:
• Herr Neugierig wehrt Hundeattacke mit Pfefferspray ab
• Sicherheitskraft zerstört durch Sturm gefährdeten Zaun, bevor er umfällt
• Schutz des eigenen Hundes vor angreifendem Hund

❌ Falsch:
• Nachbars Baum absägen, weil Blätter die Dachrinne verstopfen
• Überzogene Reaktion (Hund erschießen statt Pfefferspray)
⚖️ Wichtige Abgrenzung
Tiere sind keine Sachen! Nach § 90a BGB werden Tiere durch besondere Gesetze geschützt. Trotzdem gilt der verteidigende Notstand auch gegen sie – sie werden rechtlich ähnlich behandelt wie Sachen, wenn von ihnen Gefahr ausgeht.

Angreifender Notstand (§ 904 BGB)

Beim angreifenden Notstand wird zur Gefahrenabwehr in das Eigentum eines unbeteiligten Dritten eingegriffen.
🔥 Situation
Gefahr: Von Tier/Sache ausgehend
Problem: Direkte Abwehr nicht möglich
Lösung: Fremdes Eigentum nutzen
Beispiel: Jacke als Löschdecke verwenden

Voraussetzung: Schaden wäre viel größer als Beeinträchtigung
💰 Rechtsfolgen
Handlung erlaubt: Kein Strafrecht/Bußgeld
ABER: Schadensersatz an Dritten
Rückgriff: Gegen Gefahrenverursacher
Arbeitgeber haftet: Bei dienstlicher Tätigkeit

Prinzip: Helfer soll nicht bestraft, aber Dritter entschädigt werden
Klassische Notstandsfälle
Fall 1: Peter wird von Hund angegriffen, reißt Zaunlatte aus Nachbars Zaun zur Abwehr
Folge: Handlung erlaubt, aber Peter muss Zaun bezahlen

Fall 2: Security Leo löscht Mülleimerbrand mit Mitarbeiter-Jacke
Folge: Handlung erlaubt, aber Arbeitgeber muss Jacke bezahlen

Warum Arbeitgeber? Leo handelte dienstlich für das Unternehmen

Selbsthilfe (§ 229 BGB)

Die Selbsthilfe ist das zivilrechtliche Gegenstück zur vorläufigen Festnahme nach § 127 StPO – aber mit weiterreichenden Befugnissen.
🎯 Zweck
Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche sicherstellen (Schadensersatz, Schmerzensgeld)
⏰ Zeitpunkt
Muss NICHT sofort erfolgen (Unterschied zu Besitzselbsthilfe)
🚨 Voraussetzung
Obrigkeitliche Hilfe (Polizei/Gericht) nicht rechtzeitig erreichbar
💼 Befugnisse
Sachen wegnehmen, beschädigen, zerstören; Personen festnehmen
Selbsthilfe vs. Vorläufige Festnahme
Sachverhalt: Ulli Unbekannt wirft unachtsam Fahrrad um, das gegen Werkschutz-Auto fällt. Will verschwinden.

Selbsthilfe (§ 229 BGB):
• ✅ Möglich – Ulli schuldet Schadensersatz
• ✅ Polizei nicht rechtzeitig da
• ✅ Anspruch würde sonst vereitelt

Vorläufige Festnahme (§ 127 StPO):
• ❌ Nicht möglich – keine Straftat
• ❌ Sachbeschädigung braucht Vorsatz
• ❌ Ulli war nur unachtsam (fahrlässig)
Risiko der Selbsthilfe: Wird sie irrtümlich ausgeübt (falscher „Täter“ festgehalten), muss der Handelnde den entstandenen Schaden ersetzen. Grenzen ergeben sich aus § 230 BGB.

⚖️ Verhältnismäßigkeit

Jede Maßnahme – egal ob nach BGB, StGB oder StPO – muss verhältnismäßig sein. Das ist das wichtigste Prinzip bei allen Rechtfertigungsgründen.
⚖️ Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
Die Abwehrmaßnahme muss angemessen sein. Die Auswirkungen der Abwehr dürfen nicht außer Verhältnis zur bestehenden Bedrohung stehen. Von mehreren möglichen Maßnahmen muss die mildeste gewählt werden.
🎯 Geeignetheit
Die Maßnahme muss zur Gefahrenabwehr/Zweckerreichung geeignet sein
🛡️ Erforderlichkeit
Von mehreren geeigneten Mitteln muss das mildeste gewählt werden
⚖️ Angemessenheit
Maßnahme darf nicht außer Verhältnis zur Bedrohung stehen
⏹️ Beendigung
Sofort beenden, wenn Zweck erreicht oder unmöglich wird
Verhältnismäßigkeit in der Praxis
❌ Unverhältnismäßig:
• Nino Nimmersatt stiehlt Schokoriegel → Arm brechen um Flucht zu verhindern
• Jugendlicher will über Zaun klettern → Mit Schusswaffe bedrohen
• Betrunkener pöbelt → Würgegriff anwenden

✅ Verhältnismäßig:
• Ladendieb → Festhalten bis Polizei kommt
• Zaunkletterer → Verbal ansprechen, dann wegweisen
• Pöbler → Platzverweis aussprechen, bei Widerstand mäßiger Körpereinsatz
Merksatz für die Praxis:
  • „Nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen“ – Klassischer Merksatz
  • Stufeneskalation: Erst sprechen, dann handeln
  • Sofort beenden: Wenn Zweck erreicht oder aussichtslos
  • Dokumentieren: Begründung für gewählte Maßnahme

🔍 Fundsachen (§§ 965 ff. BGB)

Der Umgang mit Fundsachen ist für Sicherheitskräfte alltäglich und prüfungsrelevant. Das BGB regelt detailliert, was mit gefundenen Gegenständen zu geschehen hat.

Grundpflichten des Finders

🔎 Fund feststellen
Verlorene Sache gefunden (nicht weggeworfenen Müll!)
📞 Verlierer suchen
Unverzüglich dem Verlierer oder Eigentümer melden (falls bekannt)
🏛️ Behörde informieren
Falls Verlierer unbekannt: zuständige Behörde (meist Ordnungsamt) melden
🛡️ Sache verwahren
Ordnungsgemäße Aufbewahrung bis zur Klärung
💰 Wertgrenze: 10 Euro
Unter 10 Euro:
• Keine Meldepflicht an Behörde
• Trotzdem: Verlierer suchen wenn möglich
• Ordnungsgemäß verwahren

Über 10 Euro:
• Meldepflicht an zuständige Behörde
• Alle Pflichten greifen voll
• Finderlohn möglich
🏢 Besondere Fundorte
In Behörden:
• Bei der Behörde abgeben
• Nicht selbst verwahren

In öffentlichen Verkehrsmitteln:
• Bei Verkehrsanstalt abgeben
• (Bus, Bahn, Taxi, Flugzeug)

Grund: Diese haben eigene Fundstellen
Typische Sicherheitsdienst-Situationen
Fall 1: Handy auf Firmengelände gefunden
• Wert über 10€ → Behörde melden
• Verlierer über Firmenangehörige suchen
• Bis zur Klärung sicher verwahren

Fall 2: 5€-Schein in Einkaufszentrum
• Unter 10€ → keine Behördenmeldung nötig
• Trotzdem ordnungsgemäß behandeln
• Information an Center-Management

Fall 3: Geldbörse im Bus
• Bei Verkehrsunternehmen abgeben
• Nicht selbst verwahren oder zur Polizei
Rechte und Pflichten des Finders:
  • Finderlohn: Bei Wert über 500€ → 3% des Wertes, bei geringerem Wert → 5%
  • Ersatz der Aufwendungen: Kosten für Verwahrung, Porto, etc.
  • Eigentumserweb: Nach einem Jahr, wenn niemand sich meldet
  • Verweigerung: Finder darf Fund ablehnen (dann Behörde zuständig)
🎓 Prüfungstipp: Merken Sie sich die 10-Euro-Grenze! Darunter keine Meldepflicht, darüber schon. Und: Besondere Fundorte (Behörden, Verkehrsmittel) haben eigene Regeln – nicht selbst verwahren!

📝 Prüfungs-Zusammenfassung

Die wichtigsten Fakten zum Bürgerlichen Recht für Ihre § 34a Prüfung – optimiert für mobile Wiederholung und Last-Minute-Lernen:

🔥 Absolute Must-Know Fakten

  • 3 Besitzverhältnisse: Eigentümer (rechtlich), Besitzer (tatsächlich), Besitzdiener (für Besitzer)
  • Hausrecht: Steht dem BESITZER zu, nicht dem Eigentümer!
  • Verbotene Eigenmacht: Besitzentzug (Diebstahl) oder Besitzstörung (Hausfriedensbruch)
  • 6 Rechtfertigungsgründe: §§ 227, 228, 229, 859, 860, 904 BGB
  • Notwehr BGB vs. StGB: BGB = kein Schadensersatz, StGB = keine Strafe
  • Schadensersatz: Bei Vorsatz oder Fahrlässigkeit (§ 823 BGB)
  • Minderjährige: 0-7 Jahre keine Haftung, 7-18 nur bei Einsichtsfähigkeit
  • Tierhalterhaftung: Grundsätzlich ohne Verschulden, Ausnahme bei Berufstieren
  • Verhältnismäßigkeit: Nicht „mit Kanonen auf Spatzen schießen“
  • Fundsachen: Ab 10€ Meldepflicht, unter 10€ nicht
  • ⚠️ Häufige Prüfungsfallen

    Falle 1: „Hausrecht steht zu…“ → Korrekt: „Dem BESITZER“ (nicht Eigentümer)
    Falle 2: „Besitzdiener darf…“ → Korrekt: „Nur soweit Rechte übertragen“
    Falle 3: „Notwehr im BGB bedeutet…“ → Korrekt: „Kein Schadensersatz“
    Falle 4: „Eltern haften…“ → Korrekt: „Nur für eigene Aufsichtspflichtverletzung“
    Falle 5: „Fundsachen ab…“ → Korrekt: „10 Euro meldepflichtig“

    🎯 Mündliche Prüfung – Typische Fragen

  • „Unterschied zwischen Eigentümer, Besitzer und Besitzdiener?“
  • „Wann darf ein Sicherheitsmitarbeiter Gewalt anwenden?“
  • „Was ist der Unterschied zwischen Notwehr im BGB und StGB?“
  • „Welche Rechtfertigungsgründe kennen Sie aus dem BGB?“
  • „Was müssen Sie bei Fundsachen beachten?“
  • „Wann haftet ein Tierhalter für Schäden seines Tieres?“
  • „Was bedeutet Verhältnismäßigkeit bei der Gefahrenabwehr?“
  • 📚 Rechtfertigungsgründe – Schnellübersicht

    § 227
    Notwehr
    Gegen Menschen, für sich/andere
    § 228
    Verteid. Notstand
    Gegen Tiere/Sachen direkt
    § 904
    Angreif. Notstand
    Fremdes Eigentum nutzen
    § 229
    Selbsthilfe
    Ansprüche durchsetzen
    § 859
    Besitzwehr
    Besitzer gegen Eigenmacht
    § 860
    Besitzd.-Hilfe
    Security für Besitzer
    🏆 Erfolgsstrategie: Lernen Sie die Paragrafen auswendig! Sagen Sie „Nach § 859 BGB darf der Besitzer…“ oder „Gemäß § 227 BGB war das Notwehr“. Rechtlich saubere Antworten bringen Bonuspunkte!
    ⚡ Last-Minute Lernformel
    24 Stunden vor der Prüfung:
    • Diese Zusammenfassung 3x durchlesen
    • 6 Rechtfertigungsgründe mit Paragraf aufsagen
    • Unterschied Notwehr BGB/StGB erklären können
    • Besitz-Begriffe unterscheiden können
    • 10€-Grenze bei Fundsachen merken
    • Ruhig bleiben – BGB ist machbar! 💪