🎯 Prüfungsrelevanz & Bedeutung

Strategische Gewichtung in der Prüfung:
  • Schriftliche Prüfung: 16 von 100 Punkten (16% Gesamtanteil)
  • Mündliche Prüfung: Wichtiger Schwerpunkt mit hoher Gewichtung
  • Praxisrelevanz: Extrem hoch – täglich benötigte Fähigkeiten
  • Lernaufwand: Mittel bis hoch – viele Konzepte zu verstehen
Der „Umgang mit Menschen“ ist das Herzstück der Sicherheitsarbeit. Mit 16% Prüfungsanteil ist es das zweitwichtigste Thema nach dem Recht. Aber noch wichtiger: Diese Fähigkeiten brauchen Sie jeden Tag im Dienst!
🤝 Grundprinzip: Menschen verstehen
Erfolgreiche Sicherheitsarbeit = 80% Menschenkenntnis + 20% Fachwissen
Wer Menschen versteht, kann Konflikte vermeiden, Situationen deeskalieren und professionell auftreten. Die meisten „Sicherheitsprobleme“ sind eigentlich „Menschen-Probleme“.
🎓 Prüfungsstrategie: Lernen Sie die Konzepte mit eigenen Beispielen! „55% Körpersprache“ ist leichter zu merken als abstrakte Theorien. Denken Sie an konkrete Situationen aus Ihrem Alltag.

👁️ Wahrnehmung

Wahrnehmung ist die Grundlage für jeden zwischenmenschlichen Kontakt. Sie nutzt alle fünf Sinne und bestimmt, wie wir Situationen bewerten und darauf reagieren.

Einflussfaktoren auf die Wahrnehmung

🧠
Interne Faktoren
Persönliches Befinden:
• Kopfschmerzen = eingeschränkte Wahrnehmung
• Stress durch Vorgesetzten-Rüffel
• Müdigkeit, Hungergefühl

Aufmerksamkeit:
• Konzentrationsfähigkeit
• Wachheit, Alertness
• Fokussierung auf Wichtiges

Motivation:
• Was bewegt mich gerade?
• Großer Durst → fokussiert auf Getränke
• Persönliche Ziele und Wünsche
🌍
Externe Faktoren
Sachverständnis:
• Experten sehen mehr Details
• Berufserfahrung schärft Blick
• Fachwissen erleichtert Erkennung

Interesse:
• Hobby-relevante Dinge fallen auf
• Selektive Aufmerksamkeit
• „Man sieht nur, was man weiß“

Wahrnehmungsfähigkeit:
• Gehörschaden = schlechteres Hören
• Sehschwäche, Farbenblindheit
• Altersbedingte Einschränkungen
⚠️
Wahrnehmungsfehler
Urteilstendenz:
• „Glas halb voll“ vs. „halb leer“
• Optimist vs. Pessimist
• Grundeinstellung färbt Wahrnehmung

Projektion:
• Eigene Eigenschaften auf andere übertragen
• „Der ist genauso wie…“
• Unbewusste Ähnlichkeits-Annahmen

Halo-Effekt:
• „Liebe macht blind“
• Ein positiver Eindruck überstrahlt alles
• Übersehen von Schwächen
Vorurteile sind Wahrnehmungskiller! „Alle Schotten sind geizig“ – solche Pauschalisierungen blockieren die objektive Beurteilung von Personen. Für Sicherheitskräfte besonders gefährlich, da sie zu falschen Einschätzungen führen.

Situative Einflüsse

Beispiele für situative Wahrnehmung
Merkmal: Lauter Knall einer Explosion → starker Eindruck
vs. Herabfallen eines faulen Apfels → schwacher Eindruck

Situation: Tropfender Wasserhahn nachts → sehr störend
vs. Tropfender Wasserhahn bei Geschäftigkeit → kaum wahrnehmbar

Praxis-Tipp: Dieselbe Situation kann je nach Kontext völlig anders wahrgenommen werden!

🤲 Körpersprache & Kommunikation

Die Forschung zeigt: Nur 7% der Kommunikation läuft über Worte! Der Rest sind Körpersprache und Stimme – daher ist non-verbale Kommunikation für Sicherheitskräfte entscheidend.
55%
Körpersprache
Non-verbale Signale:
• Mimik & Gestik
• Haltung & Bewegung
• Berührungen & Nähe
• Blickkontakt & Ausrichtung
38%
Stimme & Ton
Vokale Signale:
• Tonfall & Betonung
• Lautstärke & Tempo
• Stimmklang & Pausen
• Stöhnen, Räuspern, Seufzen
7%
Gesprochene Worte
Verbale Signale:
• Inhalt & Fakten
• Wortwahl & Stil
• Fachbegriffe & Klarheit
• Direktheit & Höflichkeit

Wichtige Körpersignale

🚶 Haltung & Bewegung
Zeigen Befindlichkeit:
• Aufrechte Haltung = Selbstsicherheit
• Gebeugter Gang = Niedergeschlagenheit
• Hektische Bewegungen = Stress, Eile
• Langsame Bewegungen = Bedächtigkeit, Müdigkeit
✋ Gesten
Bewusste & unbewusste Signale:
• Winken = Begrüßung, Freundlichkeit
• Kopfnicken = Zustimmung, Verständnis
• Abwinken = Ablehnung, Desinteresse
• Mittelfinger = Beleidigung (strafrechtlich relevant!)
😊 Mimik (Gesichtsausdruck)
Das „Signalfeld“ des Gesichts:
• Lächeln = Freundlichkeit, Offenheit
• Stirnrunzeln = Sorge, Konzentration
• Naserümpfen = Ablehnung, Ekel
• Mundwinkel nach unten = Trauer, Missmut
🤝 Berührungen
Signale durch Körperkontakt:
• Fester Händedruck = Vertrauen, Entschlossenheit
• Schlaffer Händedruck = Desinteresse (Vorsicht: kann auch gesundheitliche Gründe haben!)
• Schulter berühren = Trost, Verbundenheit
• Distanz halten = Respekt, Professionalität
🤝 Körpersprache-Regel für Sicherheitskräfte
Kongruenz ist alles! Ihre Körpersprache muss zu Ihren Worten passen. Widersprüchliche Signale zerstören Glaubwürdigkeit und können Konflikte verstärken.

Beispiel: „Ich bin ganz ruhig“ sagen, aber dabei mit geballten Fäusten dastehen → wirkt unglaubwürdig und bedrohlich.

Erster Eindruck

Der erste Eindruck entsteht in maximal 20 Sekunden und wirkt meist nachhaltig. Als Sicherheitskraft haben Sie oft nur diese eine Chance!
Faktoren für den ersten Eindruck:
  • Erscheinung: Alter, Geschlecht, Status, Attraktivität
  • Kleidung: Sauberkeit, Ordentlichkeit, Angemessenheit
  • Körperpflege: Gepflegte Frisur, Rasur, saubere Hände
  • Stimme: Freundlicher Ton, angemessene Lautstärke
  • Körperhaltung: Aufrecht, selbstsicher, nicht arrogant
Fallen beim ersten Eindruck:
Primäreffekt: Erste Informationen wirken zu stark
Rezenzeffekt: Letzte Informationen überschatten alles andere
Lösung: Bewusst auf Ausgewogenheit achten!

🚧 Territorialverhalten & Distanzzonen

Jeder Mensch hat unsichtbare „Sicherheitszonen“ um sich. Das Verletzen dieser Zonen kann zu Flucht- oder Kampfverhalten führen – wichtiges Wissen für die Eigensicherung!
💝 Intimbereich
0 – 0,5 m
Nur für engste Vertraute!
• Partner, Familie, kleine Kinder
• Eindringen führt zu Stress, Abwehr
• Für Sicherheitskräfte: Nur bei Zwang (z.B. Festnahme)
• Vorsicht: Kann als Bedrohung empfunden werden
👫 Nahbereich (persönlich)
0,5 – 1,2 m
Privatsphäre – vorsichtig agieren!
• Freunde, Bekannte, Kollegen
• Zwanglose Unterhaltung möglich
• Feingefühl und schrittweises Vorgehen nötig
• Bei Widerstand sofort Abstand vergrößern
📢 Öffentlicher Bereich
über 3,5 m
Nur bei Bedarf kommunizieren!
• Rufen, laute Anweisungen
• Probleme „auf Zuruf“ klären
• Eigensicherung bei größeren Gruppen
• Deeskalation durch Distanz

Warnsignale für „zu nahe gekommen“

Körpersprache beobachten!
Verteidigungsgesten: Arme ausstrecken, Handflächen nach vorn
Haltungsänderungen: Häufiges Wechseln der Beinstellung
Augensprache: Häufiges Wegschauen, vermeidender Blick
Ersatzhandlungen: Auf Uhr schauen, in Taschen kramen
Unruhe: Nervöse Bewegungen, Hin- und Hertreten
🛡️ Eigensicherung durch richtige Distanz
Die richtige Distanz ist nicht nur höflich, sondern überlebenswichtig! Bei aggressiven Personen: Gesellschaftszone einhalten, Fluchtweg freihalten, nie mit dem Rücken zur Wand stehen.

❤️ Einfühlsamkeit & Empathie

Einfühlsames Verstehen ist DER Schlüssel für erfolgreiche Sicherheitsarbeit. Ohne Empathie ist Deeskalation unmöglich!
🤝 Definition: Empathie
„Ich verstehe Dich/Sie!“
Empathie = Fähigkeit, sich in die Gefühlswelt anderer hineinzuversetzen. Aber Vorsicht: Nie als leere Floskel verwenden – das wirkt unglaubwürdig und kontraproduktiv!

Die drei Säulen der Empathie

1
Empathiefähigkeit
Situation und innere Verfassung des anderen ergründen können.

Wie geht’s ihm wirklich?
Non-verbale Signale lesen, zwischen den Zeilen hören.
2
Perspektivwechsel
Den „Blickwinkel“ des anderen nachvollziehen können.

Warum handelt er so?
Seine Sicht der Dinge verstehen, auch wenn man sie nicht teilt.
3
Verständigungsbereitschaft
Zuhören, Widerspruch ertragen, Argumente aufnehmen können.

Echte Kommunikation!
Nicht nur reden, sondern wirklich zuhören.

Gefahrensignale erkennen

Empathie hilft auch bei der Eigensicherung: Wer Menschen „lesen“ kann, erkennt Gefahren früher!
Warnsignale für mögliche Gewalt:
  • Körperreaktionen: Jäh erröten/erblassen, Schwitzen
  • Mimik-Änderungen: Zornesfalten über der Nase, zusammengebissene Zähne
  • Haltungsänderungen: Anspannen der Muskulatur, Fäuste ballen
  • Stimme: Lauter werden, aggressive Tonlage
  • Atmung: Schneller, flacher, hörbar

Eskalations-Ursachen

Wenn Situationen eskalieren, liegt es meist an menschlichen Faktoren:
🧠 Vorurteile/Vorbehalte
„Der Typ sieht schon verdächtig aus“ – Vorverurteilungen führen zu schlechter Behandlung und provozieren Widerstand.
💬 Ungeschickte Kommunikation
Falsche Wortwahl, aggressive Tonart, Befehlston – die ART wie man spricht ist oft wichtiger als WAS man sagt.
😤 Gesichtsverlust-Angst
„Vor den anderen kann ich nicht klein beigeben“ – Öffentliche Bloßstellung erzeugt besonderen Widerstand. Daher: Kritik unter vier Augen!
🤝 Einmischung Dritter
Schaulustige heizen an, Freunde solidarisieren sich – „Fronten“ entstehen. Möglichst Störer isolieren!
🎯 Praxis-Tipp: Bei passivem Widerstand (Aufforderungen werden ignoriert): Tief durchatmen, Blickkontakt halten, Bestimmtheit ausdrücken: „Verlassen Sie bitte diesen Bereich!“ Das BITTE besonders betonen – zeigt Respekt trotz Durchsetzung.

💪 Selbstwertgefühl & Selbstsicherheit

Selbstwertgefühl ist die Basis für professionelles Auftreten. Nur wer sich selbst wertzuschätzen weiß, kann andere Menschen respektvoll und sicher führen.
⚡ Goldene Regel des Selbstwertgefühls
Alles was Menschen tun, dient der Verbesserung ihres Selbstwertgefühls!
Wer das versteht, kann Menschen motivieren. Wer das Selbstwertgefühl anderer angreift, provoziert Widerstand und Konflikte.

Bausteine des Selbstwertgefühls

Positives Selbstwertgefühl entsteht durch:
  • Übereinstimmung: Handeln nach dem eigenen guten Gewissen
  • Umweltreaktion: Positive Rückmeldungen auf das Selbstbild
  • Wertschätzung: Von sich selbst und von anderen
  • Anerkennung: Für geleistete Arbeit und Fähigkeiten
  • Attraktivität: Erotische Ausstrahlung, Anziehungskraft

Selbstsichere Sicherheitskräfte sind…

🧠 Selbstreflektiert
• Sich ihrer Fähigkeiten bewusst
• Kennen auch ihre Grenzen
• Weder arrogant noch aggressiv
• Nicht überempfindlich oder kleinmütig

Minderwertigkeits- & Überwertigkeitsgefühle

Teufelskreis der Unsicherheit:
Misserfolge → Minderwertigkeitsgefühl → unsicheres Auftreten → weitere Misserfolge → Minderwertigkeitskomplex

Oder umgekehrt:
Überkompensation → Geltungssucht → Überwertigkeitsgefühle → Kritik-Unverträglichkeit

Professioneller Umgang mit Selbstwertgefühl

Bei anderen: Bestätigen
Selbstbild bestätigen, Anerkennung ausdrücken, ehrlich loben – aber nie primitiv schmeicheln!
Bei Angriffen: Ruhe bewahren
Nicht betroffen reagieren, eigenen Wert bewusst machen, Grenzen setzen – jeder hat Recht auf Würde!
Bei Verletzungen: Sachlich bleiben
Gefühle steuern, Situation versachlichen, keine Beleidigungen schlucken, Gewaltdrang unterdrücken.
Gewissen respektieren
Nicht über Moral streiten, nicht spotten, Überzeugungen respektieren – außer bei zwingenden Gründen.

🚀 Motivation & Verhalten

Warum verhalten sich Menschen so wie sie es tun? Die Antwort liegt in der Motivation – den Beweggründen für menschliches Handeln.
🧠 Reptilienhirn vs. Denkhirn
Evolution in Aktion: Das „Reptilienhirn“ (älter) steuert Grundbedürfnisse – Kampf oder Flucht. Das „Denkhirn“ (jünger) will rational entscheiden. Bei Stress gewinnt oft das Reptilienhirn!

Folgen: Denkblockaden, Aggressionen, Rückzug – logische Argumente wirken dann nicht mehr.

Maslow’s Bedürfnispyramide

5. Selbstverwirklichung
Eigenverantwortung, persönliche Entfaltung, Kreativität
4. Anerkennung & Wertschätzung
Lob, Status, Respekt, Selbstachtung
3. Soziale Bedürfnisse
Freundschaft, Liebe, Zugehörigkeit, Kommunikation
2. Sicherheitsbedürfnisse
Schutz, Geborgenheit, Ordnung, Stabilität
1. Physiologische Bedürfnisse
Essen, Trinken, Schlafen, Atmen – Überleben sichern
Maslow’s Regel: Erst wenn die untere Stufe befriedigt ist, strebt der Mensch zur nächsten. Wer am Verdursten ist, macht sich keine Gedanken um Anerkennung!

Motivation in der Praxis

Beispiel: Mitarbeiter schmuggelt Bohrmaschine
Verhalten: Unberechtigt Bohrmaschine mitnehmen

Mögliche Motive:
• Sich bereichern (Geld verdienen)
• Eigene Reparatur (praktisches Bedürfnis)
• Meister „eins auswischen“ (Rache, Frust)
• Kumpel einen Gefallen tun (soziales Bedürfnis)

Wichtig: Vom Verhalten nicht direkt auf das Motiv schließen! Erst verstehen, dann handeln.
🎯 Motivations-Grundsatz
Jemanden zu motivieren bedeutet: Ihm GUTE GRÜNDE geben, sein Verhalten zu ändern!

Nicht „durchdrücken“, sondern überzeugen. Sinnvolle Begründungen sind der Schlüssel für Verhaltensänderungen.

Spezifische Zielgruppen

👦 Jugendliche
Besonderheiten:
• Pubertät = Stimmungswechsel, Trotz
• Suchen noch ihre Identität
• Wollen als gleichwertig anerkannt werden
• Gruppenverhalten verstärkt alles
• Niedrige Frustrationsschwelle

Umgang: Nicht „von oben herab“, als Partner behandeln, Respekt zeigen
👴 Ältere Menschen
Besonderheiten:
• Leistungsvermögen sinkt
• Langsamere Reaktionen
• Schwerer, sich anzupassen
• Manchmal: Starrköpfigkeit, Nörgelei

Umgang: Höflich, respektvoll, taktgefühl, Kritik nie verletzend formulieren
🏳️‍🌈 Geschlechtliche Vielfalt
LGBTI+ Diversität respektieren:
• Sexuelle Orientierung als gegeben respektieren
• Keine Wertungen oder abwertende Mimik
• Sachliche und höfliche Umgangsformen
• An allgemeinen Kommunikationsregeln orientieren

Rechtlich: Respekt und korrektes Handeln sind Pflicht!

Besondere Gefährdungslagen

💉
Drogenabhängigkeit
Heroin-Abhängige erkennen:
• Langärmelige Kleidung auch bei Hitze
• Einstichstellen an Armen, Händen, Füßen
• Hagere Gestalt, Untergewicht, Blässe
• Utensilien: Löffel, Spritzen, Feuerzeug

Verhalten:
• Unter Einfluss: Apathisch, verengte Pupillen
• Auf Entzug: Nervös, reizbar, aggressiv
• Beschaffungsdruck: 3.000-5.000€/Monat!
🍺
Alkoholeinfluss
Beeinträchtigungen:
• Wahrnehmung: Sehschärfe ↓, Röhrenblick
• Motorik: Gleichgewicht gestört, unsicherer Gang
• Intelligenz: Konzentration ↓, Orientierung ↓
• Stimmung: Spontane Wechsel, Aggressionsschwelle ↓

Umgang:
• Ernst nehmen, nicht belächeln
• Freundlich, geduldig, aber konsequent
• Bei Hilflosigkeit: Sichere Obhut, ggf. Arzt
🤯
Psychische Auffälligkeiten
Grundsätze:
• Sich in den anderen hineinversetzen
• Aktiv zuhören, Vertrauen schaffen
• Non-verbale Signale beachten
• Verhalten muss „echt“ sein

Vorsicht:
• Dienstkleidung kann einschüchtern
• Nie bedrohlich auftreten
• Geheuchelte Freundlichkeit schadet
Umgang mit Suchtmittelabhängigen – 6-Schritte-Verfahren:
1. Höflich ansprechen – keine Beleidigungen
2. Direkt auffordern – bestimmt, aber respektvoll
3. Erwiderungen anhören – nicht in Diskussionen verwickeln lassen
4. Kontrolldruck aufbauen – am Platz bleiben bis Forderung erfüllt
5. Verhältnismäßigkeit beachten – bei Injektion besondere Vorsicht
6. Eigensicherung – Nadelstiche vermeiden, mit Unberechenbarkeit rechnen

💬 Kommunikation

Kommunikation ist viel mehr als nur Worte austauschen. Nach Paul Watzlawick gibt es zwei entscheidende Ebenen, die jede Sicherheitskraft verstehen muss.
📊 Sachebene
Das WAS – Fakten & Informationen
• Worte, Daten, Zahlen
• Sachlich-inhaltliche Probleme
• Wird vom „Denkhirn“ verarbeitet
• Logik, Argumente, Beweise

Beispiel: „Sie dürfen hier nicht rauchen, weil Rauchverbot herrscht.“
❤️ Beziehungsebene
Das WIE – Gefühle & Beziehungen
• Emotionen, Stimmungen
• Körpersprache, Tonfall
• Wird vom „Reptilienhirn“ beeinflusst
• Sympathie, Respekt, Vertrauen

Beispiel: Freundlicher Ton vs. herrischer Befehlston bei derselben Aussage
⚖️ Goldene Kommunikationsregel
Sachprobleme löst man auf der Sachebene
Beziehungsprobleme löst man auf der Beziehungsebene

Vermischung führt zu Eskalation! Bei Konflikten ist oft die Beziehungsebene gestört – dann helfen keine sachlichen Argumente mehr.

Das Vier-Ohren-Modell (Schulz von Thun)

Jede Nachricht hat vier Seiten. Der Empfänger kann frei wählen, mit welchem „Ohr“ er hört:
📋 Sachinhalt
Information über etwas
„So ist die Sache/Angelegenheit“
Fakten, Daten, sachliche Inhalte
📢 Appell
Aufforderung zum Handeln
„Ich möchte dich zu etwas veranlassen“
Offen oder verdeckt, direkt oder indirekt
🤝 Beziehung
Wie stehen wir zueinander?
„Das halte ich von dir“
Respekt, Wertschätzung, Hierarchie
🔍 Selbstoffenbarung
ICH-Botschaft des Senders
„Das verstehe/halte ich von der Sache“
Gefühle, Motive, Werte, Einstellungen
Beispiel: „Die Ampel ist grün!“
Sachinhalt: Die Ampel zeigt grün
Appell: Fahr los! / Gib Gas!
Beziehung: Ich muss dir sagen, was zu tun ist
Selbstoffenbarung: Ich bin ungeduldig / Ich kenne die Verkehrsregeln

Problem: Der Beifahrer könnte auf der Beziehungsebene hören: „Du kannst nicht Auto fahren!“

Erfolgreiche Gesprächsführung

😊 Lächeln
Freundlich blicken ohne zu übertreiben. Nicht aufdringlich lachen oder hintergründig grinsen.
👁️ Blickkontakt
Ins Gesicht schauen, ganzes Gesicht erfassen. Nicht anstarren, aber auch nicht wegschauen.
🎭 Freude zeigen
„Ich freue mich über Ihre Aufmerksamkeit“ – sowohl mit Mimik als auch mit Worten.
❓ Anliegen erfragen
„Was kann ich für Sie tun?“ oder „Darf ich Ihnen behilflich sein?“ – Standard-Eröffnungen.
🤝 Händedruck
Nie als erster anbieten! Wenn angeboten: 3 Sekunden, trocken, fest aber nicht wie Schraubstock.
🎯 Interesse zeigen
Aufmerksam zuhören, sich zuwenden, nicken, Rückfragen stellen – Dialog statt Monolog.

Kritik richtig äußern

Als Sicherheitskraft müssen Sie oft das Verhalten anderer kritisieren. Das kann Konflikte auslösen – oder professionell gelöst werden:
Direkt aber nicht verletzend
Klartext sprechen, aber respektvoll bleiben. Nicht um den heißen Brei herumreden.
Sachlich bleiben
Auf Fakten stützen, nicht auf Emotionen. Keine Gefühlsausbrüche oder Beschimpfungen.
Respektvoll kommunizieren
Nie beleidigend oder rechthaberisch. Lösungen anbieten, nicht nur kritisieren.
Gesicht wahren lassen
Kritik unter vier Augen, nicht vor Publikum. „Oberlehrerhaft“ wirkt kontraproduktiv.
Sachbezogen, nicht personenbezogen
„Ihr Verhalten ist problematisch“ statt „Sie sind problematisch“. Verhalten kann man ändern.
📝 Merksatz nach Heinz Dirks: „Niemand ist belehrbar, der sich gleichzeitig angegriffen fühlt.“ Wer in die Defensive gedrängt wird, ist nicht bereit für Veränderungen!

⚔️ Konfliktmanagement

Konflikte sind im Sicherheitsdienst unvermeidlich. Entscheidend ist nicht, sie zu vermeiden, sondern professionell damit umzugehen.

Konflikttypen im Sicherheitsdienst

📋 Normenkonflikt
Hausordnung durchsetzen – Auseinandersetzung um gültige Regeln. „Das Schild haben Sie übersehen?“
👑 Rangkonflikt
Autoritätsverweigerung – „Von dir lasse ich mir gar nichts sagen!“ Status und Hierarchie werden infrage gestellt.
🚪 Territorialkonflikt
Platzverweis, Hausverbot – „Das ist mein Bereich!“ Kampf um Raum und Zugehörigkeit.
🛡️ Beschützerkonflikt
Dritte mischen sich ein – „Fass ihn nicht an!“ Solidarisierung, Gruppenbildung gegen Sicherheitskraft.

Frustration & Aggression

😤 Definition: Frustration
Frustration = enttäuschte Erwartung (lat. frustra = vergeblich)
Entsteht wenn Wünsche versagt oder Ziele nicht erreicht werden. Bei schwacher Frustration: Toleranz. Bei starker Frustration: Reaktionen bis hin zur Aggression.

Konfliktsignale erkennen

😴 Passivität
Nichts tun, verzögerte Reaktion, demonstrativ langsam reagieren. „Dienst nach Vorschrift“
🎭 Distanziertheit
Übertriebene Höflichkeit, betont korrekte Umgangsformen. „Ironische Überfreundlichkeit“
🧱 Sturheit
Beharren auf eigenem Standpunkt, Unzugänglichkeit, formelles Verhalten ohne Flexibilität
😡 Feindseligkeit
Herabsetzende Äußerungen, Beleidigungen, Drohungen. „Ich beschwere mich bei Ihrem Chef!“
✊ Widerstand
Offenes Widersprechen, Trotzhandlungen, Aufbauschen von Kleinigkeiten, Gewaltandrohung
🏃 Fluchtverhalten
Gespräch abbrechen, Kontakt vermeiden, scheinbare Übereinstimmung („schön tun“)

Eskalationstreppe (nach Hücker)

Anfangsspannung
Wahrgenommene Gegensätzlichkeit – „Das passt mir nicht“
Emotionalisierung
Frustration, Vorurteile, Stress, Wut – „Der macht mich sauer!“
Personalisierung
„Was erlaubt DER sich!“ / „DER spinnt wohl!“ – Vom Sachproblem zur Person
Legitimierung
„Selber schuld!“ / „Jetzt muss ich ihm zeigen, wo der Hammer hängt!“
Radikalisierung
Ultimaten, Beleidigungen, Drohungen – „Wenn du nicht sofort…“
Gewaltstufe
Körperliche Auseinandersetzung – ursprünglicher Anlass ist völlig vergessen

Stressbewältigung im Dienst

Fritz Hücker beschreibt vier Säulen der Selbstbeeinflussung für Handlungsstabilität:
1
Entspannungstechniken
Autosuggestion:
„Ich bin ganz ruhig. Ich rege mich nicht auf. Solche Kleinigkeiten bringen mich nicht aus der Fassung.“
2
Standardformulierungen
Gegen sprachliche Unsicherheit:
„Guten Tag.“ / „Was kann ich für Sie tun?“ / „Warum sind Sie so erregt?“
3
Rechtliche Klarheit
Bewusstsein für Befugnisse:
„Der greift mich an. Ich kann von meinem Notwehrrecht Gebrauch machen.“
4
Abwehrmöglichkeiten
Taktische Alternativen:
„Wenn ich hinter den Papierkorb trete, kann er mich schwerer erreichen.“
🎯 Anti-Stress-Konzept „AUGE“:
Atmen – tiefe ruhige Atmung stabilisiert
Unvernunft verhindern – Gehirn „einschalten“
Gefühle verstehen – des Gegenübers, Erregung abbauen
Eingriffe verhältnismäßig – auch sprachliche!

Deeskalation – 3-Schritte-Verfahren

⚡ Was ist Deeskalation?
NICHT „zurückstecken“ oder „einlenken“!
Deeskalation bedeutet: Eine eskalierende Lage beherrschen und Schutzziele erreichen. Manchmal gehört auch kontrollierte Gewalt dazu – als letztes Mittel!
Schritt 1: Sachlichkeit gewährleisten
• Nicht schreien, ruhig darlegen
• Auf Argumente stützen, keine Behauptungen
• Keine Beschimpfungen oder Beleidigungen
• Gefühle äußern, aber nicht „Dampf ablassen“
Schritt 2: Zugang schaffen
• Auf das Problem eingehen ohne „ins Abseits“ zu stellen
• Schlüsselsätze: „Ich achte Sie als Mensch, doch…“
• „Ich verstehe, was Sie meinen, aber…“
Schritt 3: Bezugspunkte finden (3-Stufen-Taktik)
Stufe 1: Punkt suchen, über den Einigung besteht
Stufe 2: Gemeinsame Auffassungen hervorheben
Stufe 3: Vom Bezugspunkt zur Problemlösung
🎯 Deeskalations-Konzept „FRESSE“:
Fragen – Beweggründe herausfinden (Wer fragt, führt!)
Reden – Konfliktlösung möglichst nur mit Worten
Einfühlen – Sichtweise des anderen erkennen
Selbstbeherrschung – Stress bewältigen, Erregung bekämpfen
Sachlichkeit – höflich bleiben, Anknüpfungspunkte suchen
Einigung – beide sollen „Gewinner“ sein

Häufige Deeskalations-Fehler

Diese Verhaltensweisen verschärfen Konflikte:
• Machtposition in den Vordergrund rücken
• Mit größter Härte den eigenen Standpunkt vertreten
• Situation des Gegners völlig ignorieren
• Eigene Absichten verschleiern
• Negative Gefühle „herausschreien“
• Unverhüllte Drohungen äußern

👥 Umgang mit Gruppen & Menschenmengen

Gruppen verhalten sich anders als Einzelpersonen. Für Sicherheitskräfte ist es entscheidend, die Gruppendynamik zu verstehen.

Definition Gruppe (nach Hofstätter)

👥 Gruppe = Gegenseitige Beeinflussung
„Mindestens zwei Personen, deren Verhalten sich gegenseitig beeinflusst“
Nicht jede Menschenansammlung ist eine Gruppe! Entscheidend ist die Wechselwirkung zwischen den Personen.
🎯
Gemeinsames Ziel
Z.B. Protest-Aktion, gemeinsame Aktivität, Demonstration
💬
Kommunikation
Nicht nur verbal – auch stumme Verständigung, Blickkontakt, Gesten
👑
Rollenverteilung
Anführer, „Stimmungskanone“, Versorger – natürliche Hierarchie entsteht
🤝
Wir-Gefühl
Zusammengehörigkeit, aber auch Abgrenzung nach außen – „Die gegen uns“
📋
Gruppennormen
Eigene Regeln für Gruppenmitglieder, oft unausgesprochen aber bindend

Professioneller Umgang mit Gruppen

😊 Freundliches Auftreten
Auch bei Gruppen freundlich bleiben. Drohende Posen schüchtern nicht ein, sondern fordern heraus!
🗣️ Sie-Form verwenden
Auch bei jungen Gruppen „Sie“ sagen. „Du“ kann erniedrigend wirken oder als Verbrüderung missverstanden werden.
😌 Ruhe ausstrahlen
Hektisches Vorgehen wird als Unsicherheit gewertet. Gelassenheit beruhigt, Hektik überträgt sich.
🤝 Wir-Gefühl nutzen
„Meine Herren, helfen Sie mir bitte…“ Positiv ansprechen, nicht „Ihr seid wohl alle süchtig!“
👤 Einzelne herauslösen
Bei Problemen Einzelpersonen aus der Gruppe herauslösen. In der Gruppe will keiner das Gesicht verlieren.
📛 Namentlich ansprechen
Namen verwenden bricht Anonymität. Anonyme fühlen sich sicher und neigen eher zu Provokationen.

Menschenmengen

Menschenmengen sind lockerer organisiert als Gruppen, haben aber besondere Eigenschaften:
⚠️ Negative Effekte
Gefährlicher Mechanismus:
Anonymität → Hoffnung auf Straflosigkeit → „härtere Gangart“ → Mitläufereffekt → Kontrollverlust → extreme Verhaltensweisen

Panik & Katastrophensituationen

🏃‍♂️
Paniksturm
Verzweifelte Fluchtreaktion:
• Vernunftlos, planlos
• Von Furcht und Schrecken gesteuert
• Keine Rücksicht auf andere
Vorsicht – Restrisiko absichern, defensive Alternativen nutzen

Spezielle Kontrolltätigkeiten

👤 Personenkontrollen
Sicherheitsregeln:
• Günstigen Standort wählen
• Mit Gewalttätigkeit rechnen
• Höflich aber bestimmt auftreten
• Alle Personen im Auge behalten
• Gutgläubigkeit vermeiden
• Verdächtigen nie den Rücken zuwenden

Handlungsalternativen

Sicherungsstellung einnehmen
Z.B. Schutzstellung mit Mehrzweckeinsatzstock (MES), aber nicht provozierend
Abstand vergrößern
Meist die beste Option – Sicherheitsdistanz schafft Zeit zum Denken
Deckung suchen
Barrieren ausnutzen, nie mit dem Rücken zur Wand, Fluchtweg freihalten
Rückzug antreten
Kein Gesichtsverlust! Manchmal ist taktischer Rückzug die klügste Entscheidung
💪 Persönliche Voraussetzungen
Vor Dienstantritt:
• Kein Alkohol oder berauschende Mittel
• Nicht übermüdet erscheinen
• Ausrüstung auf Vollständigkeit prüfen

Grundhaltung:
• Körperliche Fitness erhalten
• Regelmäßige Schulung der Fähigkeiten
• Gesundes Misstrauen entwickeln
• DGUV Vorschriften kennen und einhalten

📝 Prüfungs-Zusammenfassung

Die wichtigsten Fakten zum „Umgang mit Menschen“ für Ihre § 34a Prüfung kompakt zusammengefasst:

🔥 Absolute Must-Know Fakten

  • 55% Körpersprache + 38% Stimme + 7% Worte = Kommunikation
  • Vier Distanzzonen: Intim (0-0,5m), Personal (0,5-1,2m), Gesellschaft (1,2-3,5m), Öffentlich (>3,5m)
  • Zwei Kommunikationsebenen: Sachebene (Fakten) + Beziehungsebene (Gefühle)
  • Vier-Ohren-Modell: Sachinhalt, Appell, Beziehung, Selbstoffenbarung
  • Maslow’s Pyramide: Physiologie → Sicherheit → Sozial → Anerkennung → Selbstverwirklichung
  • Eskalationstreppe: Spannung → Emotion → Person → Legitimierung → Radikalisierung → Gewalt
  • 3-Schritte-Deeskalation: Sachlichkeit → Zugang → Bezugspunkte
  • Gruppe = gegenseitige Beeinflussung (mindestens 2 Personen)
  • Panikarten: Paniksturm, Panikstarre, Panikstimmung
  • Eigensicherung: Gefahr erkannt = Gefahr gebannt
  • ⚠️ Häufige Prüfungsfallen

    Falle 1: „Wieviel % macht Körpersprache aus?“ → Korrekt: „55%“
    Falle 2: „Was ist Empathie?“ → Korrekt: „Einfühlungsvermögen, sich hineinversetzen“
    Falle 3: „Intimbereich geht bis…“ → Korrekt: „0,5 Meter“
    Falle 4: „Gruppe bedeutet…“ → Korrekt: „Gegenseitige Beeinflussung“
    Falle 5: „Deeskalation bedeutet…“ → Nicht „nachgeben“, sondern „Lage beherrschen“!

    🎯 Mündliche Prüfung – Typische Fragen

  • „Erklären Sie das Vier-Ohren-Modell von Schulz von Thun“
  • „Welche Distanzzonen gibt es und wofür sind sie wichtig?“
  • „Wie erkennen Sie, dass jemand aggressiv werden könnte?“
  • „Was ist der Unterschied zwischen Sach- und Beziehungsebene?“
  • „Wie gehen Sie mit einer aggressiven Gruppe um?“
  • „Was machen Sie bei Panik in einem Gebäude?“
  • „Welche Körpersprache-Signale zeigen Ablehnung?“
  • „Wie deeskalieren Sie einen Konflikt richtig?“
  • 🧠 Merk-Strategien

    📊 55-38-7 Regel
    Körpersprache dominiert! Mehr als die Hälfte der Kommunikation ist non-verbal.
    🎯 AUGE Anti-Stress
    Atmen, Unvernunft verhindern, Gefühle verstehen, Eingriffe verhältnismäßig
    🤝 FRESSE Deeskalation
    Fragen, Reden, Einfühlen, Selbstbeherrschung, Sachlichkeit, Einigung
    👥 Gruppen-Regel
    Einzelne herauslösen, namentlich ansprechen, Wir-Gefühl positiv nutzen!
    ⚡ Last-Minute Lernformel
    24 Stunden vor der Prüfung:
    • 55-38-7 Prozentverteilung auswendig können
    • Vier Distanzzonen mit Metern aufsagen
    • Maslow’s 5 Stufen der Reihe nach
    • Eskalationstreppe: 6 Stufen von Spannung bis Gewalt
    • Deeskalation: 3 Schritte (Sachlichkeit-Zugang-Bezugspunkte)
    • Eigensicherung: „Gefahr erkannt – Gefahr gebannt“ 💪